So nicht, mein FREUNDCHEN!
Alltagskolumnen übers Amt, die Bahn oder den Baumarkt sind so Nullerjahre. Aber baggy pants sind ja auch zurück – eine Woche geteilt durch fünf
Liebe Eskapistinnen, liebe Eskapisten,
wie viel schöner kann eine Woche noch sein? Gleich zwei Freitage hatte die quasi in sich. Dank Adolf Hitler, der den Maifeiertag gesetzlich freigemacht hat. Das große „Ups!“ über diesen Umstand ist schnell zum Schweigen gebracht. Wir legen einfach einen Strauß Maiglöckchen nieder am Grab des tiefgeflogenen Steins und genießen dann weiter Temperaturen wie im Juli am Strand. Denn der liegt ja bekanntlich unterm Pflaster.
Bis nächsten Sonntag!
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#1 – Ich musste erst 46 Jahre alt werden, um zu erfahren, was ein Pangram ist. Immerhin zehn Jahre mehr als ich brauchte, um zu realisieren, dass „Hanuta“ wohl für Haselnusstafel steht (ich würde verstehen, wenn Sie genau jetzt das Abo kündigen).
Ein Pangram ist ein Satz, in dem alle Buchstaben eines Alphabets vorkommen. Ein echtes Pangram ist ein Satz, in dem jeder Buchstabe eines Alphabets nur einmal vorkommt. Soll praktisch unmöglich sein im Deutschen. Also hab ich kurz in die Hände gespuckt und ...
YVES UND TAXI FO
WER TAXIS NOCH UNB
XENOPHIL SAGT KURZ
... es ist praktisch unmöglich.
#2 – Wenn’s zu Hause am schönsten ist, was ist dann der Baumarkt? Gartencenter Eden? SB-Himmelstau?
Ich habe im Internet einen Bilderrahmen gefunden, der jetzt in meinen lokalen Baumarkt auf mich wartet. Ich parke ziemlich regelwidrig auf einer Sperrfläche, überlege sogar kurz, den Motor laufen zu lassen. Denn länger als ein halbes Minütchen will ich mich nicht aufhalten an der Warenausgabe. Wie lange kann so ein Ware Rausgeben denn schon dauern?
Dass ein Christian und ein Klaus schon länger warten, beide je lässig Hand auflegend an einen dieser tieferliegenden Baumarkteinkaufswagen, hätte ich einpreisen müssen. Unmöglich im Kalkül haben konnte ich, dass ich zwar meinen Bilderrahmen nur drei Meter weit weg im Regal sehen würde, als ich dran bin, der Baumarktmann mit dem Nackentattoo, der mich vom Bilderrahmen trennt, aber sagen würde: „Ach so, nee. Reservierte Waren werden da ausgegeben.“
Sein ausgestreckter Arm zeigt auf eine Stelle am selben Tresen, nur einen Vertikutiermaschinenwurf entfernt. Sein Kollege bedient da gerade eine dreiköpfige Familie. Was soll’s, säuselt meine Gebetsmühle, wie lange kann das reservierte Waren Abholen von Mama-Papa-Kind schon dauern? Aufbegehren kostet hier sicher mehr Zeit, als braves Schaf zu sein.
In Ermangelung einer ordentlichen Reihe postiere ich mich irgendwo, aber meine Körpersprache dröhnt: „Ich bin gefälligst der Nächste.“ Dann, aus heiterem Himmel, zieht die Familie einfach ab, hinein in die Tiefen der Baumarkthalle.
Und vorneweg mein neuer Waren-Ausgeber. Der richtige diesmal!
Ich recke innerlich die Faust gen Himmel. Hätte ich dem Menschenverstand doch eben zu seinem Recht verholfen, hätte ich einfach „Geben Sie mir nur schnell den Bilderrahmen, bitte“ gesagt, die Sperrfläche könnte längst geräumt sein. Da erscheint das Nackentattoo an der Ausgabe für reservierte Waren: „Ja, bitte?“
#3 – Was viele nicht wissen, ich habe einen sehr seltenen Hauttyp. Die amtliche Klassifizierung heißt „albinotischer Vampir“. Im Frühjahr kaufe ich deshalb traditionell einen Klinikvorrat an Sonnenschutz. So wieder in dieser Woche. Ein Fläschchen gab’s für alle Tage. Für den Sport etwas, das riecht wie Putzmittel. Und ans Gesicht lasse ich fortan nur noch Wasser und den Verleser der Woche: langweiliges UVA.
#4 – „Herr Laux, wie stehen Sie zu dem Vorwurf, ihr Newsletter sei nur eine Aneinanderreihung billiger Wortspiele?“ – „Das halt ich für’n Gerüst.“
#5 – Ich kann gar nicht sagen, was mir hier am besten gefällt. Dass niemand reinschneit und sagt: „So nicht, mein Freundchen! Das liegt morgen neugeschrieben auf meinem Schreibtisch“? Ja, schon. Aber noch besser finde ich die kleine Gemeinschaft, die sich um diesen wöchentlichen Notizzettel versammelt.
Am Freitag habe ich ein kleines Experiment gemacht. Ich machte den Chat-Raum der Eskapade auf mit einem ersten Thread. Zum Start ins Wochenende wollte ich die besten Eskapismus-Empfehlungen wissen von meinen Herzenslesenden.
Das Ergebnis: zwei neue Bücher auf meiner Leseliste, die überfällige Erinnerung, wieder mal einen langen Spaziergang zu machen, aber vor allem das gute Gefühl, mit Menschen – trollfrei! – ein paar Augenblicke im Internet geteilt zu haben.
Das machen wir auf jeden Fall wieder, mein Freundchen!