Liebe Eskapistinnen, liebe Eskapisten,
dieses Vorwort war schon zweimal geschrieben, und zweimal habe ich es weggeschmissen. Der Plagiats- und Spitzelvorfall bei der Süddeutschen Zeitung war mal mein Einstieg in den Wochenrückblick.
Das Ganze ist aber inzwischen zu einer Groteske geraten, in der Anständigkeit gar keine Rolle spielt und alle alles falsch machen. Über das surreale Gekreische an der Donnerkuppel mag ich nicht mal mehr nachdenken.
Ihnen wünsche ich, dass Sie keinen blassen Schimmer haben, wovon ich überhaupt schreibe. Seit zwei Monaten simmert diese Geschichte vor sich hin in einer Branche, die ihre beschränkte Bedeutung fürs Gesamte traditionell verkennt.
Worum es mal ging, also bevor die Suchhunde losgelassen (!) und Nachrufe vorgeschrieben (!!) werden mussten, wissen nur noch die wenigsten. Ginge aber ohnehin unter im Gekreische an der Donnerkuppel.
Bis nächsten Sonntag!
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#1 – Als Neuberliner muss man manchmal grinsen über diese Stadt. Und manchmal stolpert man über eine vollgepinkelte Matratze. Als ich am Dienstagmittag einen neuen Pizzaladen probiere, muss ich grinsen. Erstens war weit und breit keine vollgepinkelte Matratze in Sicht. Aber zweitens habe ich mir vorgestellt, wie Gisela, Hedwig und Charlotte an ihrem Stammplatz die Witwenrente rausballern für Margheritas mit extra Käse. Und wenn's mal was zu feiern gibt, nimmt sich jede eine dicke Portion von dem Peperoni-Öl, das nur einer so hinkriegt, nämlich dieser Schlawiner Francesco (“Ciao, dottoressa Gie-ssella!”).
#2 – Ich habe diese Woche die hochgejubelte ARD-Serie “Oderbruch” zu Ende gesehen und hochgejubelt habe ich auch. Ganz zuvorderst über Felix Kramer. Der spielt sich mit jeder zerdepperten Männerseele, die nur er so darnuscheln kann, weiter nach oben in meiner Top Ten der größten “Bro Crushs”.
#3 – Wenn Du ins Fitti schluffst mit einer kleinen schwarzen Wolke über dem Kopf, weil du deine Kopfhörer vergessen hast, weil du festgestellt hast, dass dein Proteinriegel heute nach Schoko-Minze schmecken wird, und weil außerdem noch deine Mitgliedskarte zu Hause liegt, du dann an den Tresen trittst, um dich ganz klein zu machen und um eine Ersatzkarte für den Tag zu bitten und zu Identifikationszwecken schon deinen Personalausweis gezückt hast, doch der Fitti-Mensch sagt: “Schon gut”, weil er zwar keine Ahnung hat, wie du heißt, aber sehr wohl weiß, dass du dazugehörst, dann, ja dann ist auch schon wieder gut.
#4 – In wie vielen Filmen und Serien Frederick Lau und Kida Khodr Ramadan Seit' an Seit' gespielt haben, lässt sich nur noch mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz herausfinden. Die Datenmenge ist einfach zu groß. Ich zumindest bin gescheitert beim Googeln. Gegoogelt hatte ich aus aktuellem Anlass. Als ich die Ankündigung für die ARD-Serie “Testo” gesehen habe, dachte ich zuerst, mich tritt ein arabischer Groß-Clan. Kida Khodr Ramadan ist dabei, Frederick Lau ist dabei, sogar Rapper Veysel ist wieder dabei. Geguckt hab ich das “4 Blocks”-Klassentreffen nicht. Auch weil mir einer der Jörgs, die ich kenne, geschrieben hatte: “Typisches Kida Khodr Fernsehen.”
#5 – Pfuh! Als ich den Titel dieses Buches las, hatte ich kurz Angst, Max Schautzer hätte auf seine alten Tage einen Sex-Ratgeber geschrieben. Ist aber wahrscheinlicher eine Claudia-Roth-Biografie.
#6 – Der Ohrwurm aus der Hölle wird ihnen diese Woche präsentiert von den Flippers: “Lotosblume habe ich sie genannt ...”. Keine Ursache.
#7 – Früher wurde in den Promi-News geliebt, gestritten und gestorben. Mal in Monaco, dann wieder in St. Moritz. Heute läuft ein Komiker einem anderen Komiker über den Weg und sagt: “Fuck you!”. Der eine ist Luke Mockridge, der andere Sebastian Hotz. Der eine hat mal im ZDF-Fernsehgarten mit einer Banane telefoniert. Der andere ist die Stimme seiner Generation. Hotz hält den Guinness-Buch-Rekord für die meisten Variationen des immer gleichen Tweets: “Alte, weiße Männer sind kacke. Junge, weiße Männer sind dufte. Kauft mein Buch.”
#8 – Ich sitze in der Küche von meinem Coworking-Büro. Ich gucke aus dem Fenster. Ein Raubvogel stürzt herab und reißt eine Taube. “Ne me quitte pas” von Jacques Brel setzt ein. Schwarzblende.
*Ich werde oft gefragt (= noch nie!), wie's Regine geht. Regine geht's gut. Regine ist frei. Danke der Nachfrage!
sehr toll mit dem Voiceover!