Liebe Eskapistinnen, liebe Eskapisten,
das war eine spannende Woche. Viele haben zuerst alle Daumen gedrückt für die deutsche Handball-Nationalmannschaft. Damit die aus eigener Kraft den Einzug ins Halbfinale bei der EM schafft.
Am Ende schaffte die das eher trotz eigener Kraft. Selbst das letzte Gruppenspiel verloren, aber hurra: Schützenhilfe aus Frankreich! Sport bleibt eben der einzige Ort, an dem ungecancelt geklungen werden darf wie ein Meldegefreiter anno 1916.
In ersehntem Halbfinale war dann aber wirklich Schluss. Spannender fand ich ohnehin, wie sich der neue Bahnstreik auswirkt aufs Land der künftigen Bronzemedaillen-Träger (Daumen sind gedrückt).
Dass der Arbeitskampf die Wirtschaft jeden Tag 100 Millionen kosten soll, ist ja eine sehr abstrakte Größe. Aber wenn einen Kurznachrichten erreichen aus eilends zusammengemieteten Autos wie diese: “Wir stehen 200 Kilometer vor Berlin!”, da setzt man schon wieder die innere Pickelhaube auf.
Claus Weselsky für all den Streikschlamassel allein verantwortlich zu machen, wäre falsch. Findet auch Serafin Reiber vom Spiegel: “Wenn 97 Prozent der GDL-Lokführer für einen Streik stimmen, weil sie mit ihren Arbeitsbedingungen unzufrieden sind, kann die Bahn nicht alles richtig gemacht haben.” Aha, soso. Das ist also der Schluss, den man ziehen sollte aus der Vollzustimmung für den verbal kartätschenden Gewerkschaftsboss?
Ich komme eher zu folgendem Ergebnis: Auf 97 von 100 Führerständen stehen in Deutschland leicht sächselnde Lokführer mit ziemlich kurzer Zündschnur und akkurat getrimmtem Schnurrbart.
#1 - Nicht witzig: Ich habe wieder meine Mutter besucht. Allem Anschein nach, um ihr im Haushalt zu helfen (tatsächlich brauchte ich mal wieder dringend ein paar Stunden Autobahn, um meine innere Krimi-Hörspiel-Bibliothek aufzufüllen). Als ich da also im Ostwestfälischen am Computer sitze, weil ich für Mutti ein paar Einstellungen in ihrem Amazon-Konto vornehme, wird's mir plötzlich zotig: “Gut, dann bestell ich Dir jetzt noch eine Palette Rasengittersteine.” Meine Mutter, die sonst alles witzig findet, was ich sage, blickt nur stumm entgeistert über den Esstisch. Und wir notieren: Auch mütterliches Witzigfinden kennt Grenzen!
#2 - Goethe war dichter: Mein Ohrwurm aus der Hölle war diese Woche “Dicht im Flieger” von Julian Sommer. Fragen Sie nicht.
#3 - Das Lied von Kreuz und Weihrauch: Gerade lese ich “Das Lied von Eis und Feuer”, also die Buchvorlage zum HBO-Blockbuster “Game of Thrones”. Den habe ich zwar schon gesehen, aber das tut beim Lesen nicht weh. Im Gegenteil, nie im Leben hätte ich die weitverzweigten Stammbäume, die komplexe Vorgeschichte und die geografischen Details behalten können, hätte ich das Geschehen nicht schon grob vorab im Kopf. Das brachte mich auf eine Idee! Wie wäre es, wenn pünktlich zur nahenden Fastenzeit, die Buchversion von “Die Passion Christi” rauskäme? Moment ...
#4 - Abbildung ähnlich: ein Regenbogen.
#5 - Schlimm I: Der gemeinschaftliche Fahrradkeller in meinem Haus wird eigentlich schon immer als Abstellkammer zweckentfremdet. Altbücherkisten, Klappsonnenliegen, ein olles Steingut-Kaffeeservice – ich habe inzwischen deutlich mehr rumzirkeln müssen anstatt rausschieben zu können. Fand ich nicht gut. Habe ich auch der Hausverwaltung gesagt. Jetzt hängt da ein Zettel im Fahrradkeller. Und ich schäme mich.
#6 - Ekel-Haft: Gerade läuft wieder das Dschungelcamp. Dieses Niedergaren von Blitzlicht-Altware lockt mich inzwischen so gar nicht mehr aufs Sofa. Das ist erwähnenswert, weil das Dschungelcamp eine lange Weile alljährliches Pflichtprogramm für mich war. Statt Würmer im Fernseher habe ich jetzt einen Regenwurm im Glas. Den hat mir in einem Bioraum eine Siebtklässlerin in die Hand gedrückt: “Können Sie mitnehmen.” Da sagt man ja nicht Nein. Ich habe beschlossen, der Wurm ist eine Sie und heißt Regine. Folgende Frage: Bin ich Regines Berliner Vorstadt-Prüfung? Und falls ja, wie ekelhaft bin ich?!
#7 - Erst 'n Huhn, dann 'n Ei: Das – hehe, hoho! – geflügelte Wort von der Henne und dem Ei macht mich richtig fertig. Die vermeintlich nicht nachvollziehbare Abfolge kausal aneinander geketteter Ereignisse bereitet mir Pochen im Stirnlappen. Könnten wir das Bild vielleicht ersetzen durch eins, das nicht ganz so unauflösbar ist? Was war zuerst da, Carl Benz oder der Führerschein, Bademeister oder Babybecken, Kreuzschlitz oder Schraubenzieher, die Gabel oder der Stapel? Oder ich lass ab jetzt einfach meinen Stirnlappen aus dem Spiel.
#8 - Schlimm II: Ted Lasso. Habe die dritte Staffel zu Ende geguckt, die letzte. Er hat bissi geweint. Ich auch.
Bis nächsten Sonntag!
*Ich werde oft gefragt (= noch nie!), wofür DAFORONAM steht, wo es liegt, ob da oft die Sonne scheint. Daforonam ist leider kein Archipel, sondern ein Interesse heischendes Akronym. Sido hat's vorgemacht. Und was Hanuta kann, kann DAS FORMAT OHNE NAMEN schon lange.