Biedermeier in PRORA
FOTOS: Wie sehr muss die Vergangenheit im Heute sichtbar sein? Und ist Gleichgültigkeit schon Triumph genug über gestern?
Dies ist der erste Foto-Essay, den ich auf „Die Eskapade“ veröffentliche. Texte sind besser, wenn sie Aussagen treffen. Fotos dürfen Fragen stehen lassen. Manchmal habe ich mehr Fragen als mir Antworten einfallen. Deshalb dieses Experiment. Ich bin gespannt, was Sie darüber denken. Hinterlassen Sie unbedingt einen Kommentar.
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Im sogenannten Kraft durch Freude-Bad Prora sollten sich nach dem Willen der Nationalsozialisten dereinst die arbeitenden, die gebärenden und die kämpfenden Deutschen vom Dienst an der Volksgemeinschaft erholen. Wie revolutionär und verführerisch diese Aussicht wirkte auf den damaligen Durchschnittsmenschen, kann heute niemand mehr erahnen. Urlaub, wie wir ihn kennen, existierte als Konzept Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts nicht. Richtig wahr wurde der Traum von der NS-Vollpension nie.
Prora will schön sein. Aber Prora knirscht.
Die unendliche Wiederholung der glatten und eckigen Formen. Glas, Stahl und Weiß, die bis zum Horizont reichen. Alles einzigartige geht auf im Muster. Mich macht Prora wundern, wie arglos Projektentwickler und Fremdenverkehrs-Direktoren Anleihe nehmen an der megalomanen Architektur der Nazis. Oder sind die klaffenden Überbleibsel des KdF-Bads Mahnung genug? Ist das schon hinreichend zur Schau gestellter Triumph, wenn die marktliberale Demokratie zu Ende bringt, was die Nazis nicht geschafft haben, nicht mit all dem geraubten Geld und den Zwangsarbeiterleben?
Prora ist Biedermeier. Aber lullt Prora ein?
😍 📸 sehr erholsam